Die Pflanzenwelt steckt voller Geheimnisse. Vieles, was früher alltäglich war, geriet in den letzten Jahren in Vergessenheit. Kannst du spontan fünf essbare Pflanzen aus der Schweiz aufzählen?
Pflanzen sind nicht nur Nahrung, sondern werden auch für medizinische Zwecke oder zum Bau von Werkzeugen und Unterständen genutzt. Ihr Einsatzgebiet ist riesig. Hier lernst du kompakt fünf essbare Pflanzen aus der Schweiz kennen – inklusive ihrer Merkmale und Nutzungsmöglichkeiten.
Ein wichtiger Hinweis vorweg: Iss nur Pflanzen, bei denen du absolut sicher bist, dass sie geniessbar sind. Es gibt viele Mythen über angebliche "Verträglichkeitstests", doch diese sind entweder falsch oder funktionieren nur bedingt. Bevor du also dein Abendessen in der Natur pflückst, solltest du die Pflanze genau kennen und ihre Anwendung verstehen.
Wir starten mit einer Pflanze, die du garantiert schon einmal gesehen hast.
Klingt langweilig? Vielleicht ist die Brennnessel nicht die spektakulärste Pflanze, aber sie wird oft unterschätzt. Wegen ihrer Brennhaare, die Histamin freisetzen, hat sie eher einen schlechten Ruf. Dabei war Brennnesseltee früher etwas völlig Normales. Auch heute findet die Pflanze noch immer ihren Platz in der Küche.
Alle Pflanzenteile sind essbar. Klassisch werden die Blätter für Tee verwendet. Sie lassen sich blanchiert oder gedünstet als Spinat-Ersatz nutzen oder in Suppen verarbeiten. Mit Nüssen, Knoblauch und Öl lässt sich sogar ein schmackhaftes Pesto daraus herstellen. Auch ausgebacken in Tempurateig schmeckt sie hervorragend.
Medizinisch ist die Brennnessel ebenfalls wertvoll. Sie fördert die Durchblutung, wirkt harntreibend und entzündungshemmend. Dank ihres hohen Nährstoffgehalts kann sie eine wichtige Nahrungsquelle in der Natur sein.
Vitamin C, Vitamin A, Magnesium, Eisen und Kalium
Waldränder, Wege, Bachufer, bevorzugt nährstoffreiche Böden
März bis Oktober, die jungen Blätter sind im Frühling am besten
Jeder kennt die süssen, dunkelvioletten Beeren, doch auch die Blätter dieser Pflanze sind essbar und nützlich für Outdoorliebhaber.
Blätter, Blüten und Wurzeln sind essbar. Besonders die Blätter haben eine spannende Wirkung. Getrocknet oder roh aufgebrüht wirken sie als Tee gegen Durchfall und Fieber.
Die Blätter enthalten Gerbstoffe, die austrocknend wirken. Die Beeren liefern Vitamin C und Traubenzucker.
Waldränder, Lichtungen, Böschungen, Fluss- und Bachufer
Blätter: ganzjährig nutzbar
Blüten: Mai bis Juli
Früchte: Juli bis September
Der Giersch, auch Geissfuss genannt, ist eine uralte Heilpflanze. Bereits im Mittelalter wurde er gegen Gicht und Rheuma verwendet.
Achtung: Giersch kann mit giftigen Doldenblütlern verwechselt werden, zum Beispiel mit dem gefleckten Schierling oder der Hundspetersilie.
Die gesamte Pflanze ist essbar. Sie kann roh im Salat genutzt oder als Pesto verarbeitet werden. In Wildkräutersuppen verleiht sie eine würzige Note.
Medizinisch wirkt der Giersch entzündungshemmend, entgiftend und entwässernd. Er unterstützt die Verdauung sowie Leber und Niere. Als Brei auf die Haut aufgetragen, hilft er gegen Ekzeme und Mückenstiche.
Vitamin C, Kalium, Magnesium, Kalzium und Ballaststoffe
Gärten, Wälder, Wegränder, bevorzugt schattig und feucht
März bis Oktober, die jungen Blätter sind im Frühling besonders mild
Der Spitzwegerich ist weltweit verbreitet und hat eine lange medizinische Tradition. Bereits in der Antike nutzten ihn Germanen, Römer und das Mittelalter kannte seine heilende Wirkung.
Alle Teile der Pflanze sind essbar. Geschmacklich erinnert sie an eine Mischung aus Nüssen und Champignons. Sie kann roh in Salaten verwendet oder als Wildgemüse ähnlich wie Spargel zubereitet werden. Spitzwegerich wird oft in Tees oder Suppen eingesetzt. Besonders bekannt ist er für seine hustenlindernde Wirkung. Auch für die Haut und den Magen hat er eine beruhigende Wirkung.
Vitamin C, Kalium, Magnesium, ätherische Öle und Aucubin
Wegränder, Wiesen, Rasenflächen, wächst auch in höheren Lagen
April bis Oktober, Blätter sind im Frühling und Sommer am besten
Die Wilde Möhre schmeckt wie ihre kultivierte Verwandte, auch wenn ihre Wurzel nicht orange ist. Sie wird hauptsächlich als Nahrungsmittel verwendet.
Die Wurzeln sind ein süsslicher Karottenersatz, die Samen lassen sich als Gewürz trocknen. Zudem enthält die Wilde Möhre Pektin, das bei Durchfall hilft.
Beta-Carotin, verschiedene Vitamine und ätherische Öle
Trockenwiesen, Wegränder, Bachufer, trockene Standorte
Blätter: April bis Oktober
Blüten: Juni bis September
Wurzeln: Ganzjährig, am besten im Herbst oder Winter
Alle fünf Pflanzen sind nahrhaft und teilweise heilend. Sie wachsen in der Schweiz und können nachhaltig genutzt werden. Dieses Wissen droht jedoch immer mehr verloren zu gehen.
Geh raus, suche die Pflanzen und lerne sie kennen! Falls du dir unsicher bist, lass das Pflänzchen lieber einmal mehr stehen, als eine giftige Alternative zu erwischen. Es braucht Zeit, bis du Pflanzen sich identifizieren kannst. Nimm dir einfach ein oder zwei Pflanzen vor und beginne diese zu suchen und genau anzuschauen. Wenn du dir sicher bist, dass du sie das nächste Mal erkennen wirst, nimm dir zwei neue vor. Es gibt Menschen, denen hilft es, die Pflanze abzuzeichnen oder sich eigene, ganz genaue, Notizen zur Beschaffenheit der Pflanze zu machen. Sieh dir den Stängel, die Blätter, die Blüten etc. genau an und probiere dir Details zu merken.
Als weiterführende Lektüre kann ich das Buch "Bushcraft - Survivalwissen Wildpflanzen Europas", von Lars Konarek empfehlen.
Natürlich freue ich mich auch, wenn wir direkt zusammen in einem meiner Kurse die schmackhaftesten Pflanzen suchen können.
Viel Spass beim Entdecken! 🌿